Autor Thema: Falgrim Feuermut,Ein Berg,ein Baum,ein Stein.Und ein Weg.Der auch das Ziel ist.  (Gelesen 4458 mal)

Ikarus

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"Bei Durins Bart! Was für ein Blödsinn!"

Es fühlte sich gut an, dem ganzen Ärger der letzten Tage einmal freien Lauf zu lassen. Das Gegenteil lässt sich von der Fichte, die schon seit Jahrzehnten am Wegesrand Wacht hält behaupten, denn der Tritt eines schweren Stiefels liess sie vernehmlich ächzen. Aber nichts war so schlimm, wie der Sturm vor 17 Ringen, und den hatte man auch überstanden.

Dem Besitzer des Stiefels überkam nach einer kurzen, zuckersüßen Woge der tiefsten Zufriedenheit der böse Stich des Schuldbewusstseins. Es ist unnötig zu sagen, dass dies nicht unbedingt zur Entspannung beigetragen hat. Missmutig kickte er einen Stein beiseite. Immer noch ärgerlich, allerdings kontrolliert. Ein Umstand, der ihn zufriedener und vor allem versöhnlicher stimmte. Es war also noch nicht alles verloren.
Zufrieden war auch der Stein, denn nach 57191 überlebten Frösten war er froh, endlich fort von diesem Weg zu sein. Moosiger Waldboden ist weich, die Sonne brennt nicht so heiss darauf, und vor allem steigen nicht soviele Hufen, Stiefel und ähnliches auf ihm herum.
Man möchte anmerken, dass nichts ohne seinen Preis kommt. Des Steins innere Zufriedenheit mit seinem Schicksal wurde ein paar Monate später jäh unterbrochen, als er bemerkte, was ein gelegen kommender Baum am Wegesrand alles durchmachen muss - und was das für den Boden unterhalb bedeutet.

"Das Feuer lodert zu heiss in ihm..." könnte jemand mit guten Ohren - und einer guten Khuzdul-Kenntnis - aus dem Gemurmel heraushören, unter dem die kleine, gedrungene Gestalt des Zwerges seinen schweren Rucksack wieder schultert.

"..muss erst glatt geschliffen werden durch die Jahre wie ein Kiesel.."  brummt er unter seinem Barte. Oder zumindest meinte man, dass man dies hören könnte. Vielleicht war es auch einer der anderen, weniger freundlichen Kommentare, die dem geneigten Leser an dieser Stelle erspart bleiben sollen.

"Verfluchter Brodi!" grollte der Zwerg. Diese Worte könnte man auch mit schlechten Ohren verstehen. Zwar wäre die Kenntnis der Sprache vorteilshaft, allerdings möchte man anmerken, dass auch ungeschulte Zuhörer den internationalen Unterton verstehen, und sich nach einem Fluchtweg umschauen würden. Da niemand dort war, der etwas hätte sagen können - und falls doch, dies mittlerweile besser nicht mehr wollen würde - verhallten diese wütenden Worte ungehört in den tiefen Fichtenwäldern des nördlichen Wilderlandes.

Ein letzter und ein wenig wehmütiger Blick zurück bot dem ungewollten Wanderer ein beeindruckendes Bild: Durch die Baumwipfel konnte man die ansteigenden und immer gräulicher werdenden von Tälern zerfurchten Hänge eines großen, stolz aufragenden Berges sehen, der im gegenscheinenden Lichtes der aufgehenden Sonne wie von einer güldenen Krone bedeckt zu sein schien. Man nahm an, dass er ein Einzelkind  - oder ein ziemlich schlechter Bruder - war, denn weit und breit sah man nur seine abfallenden Hänge. Es ist also nicht weiter verwunderlich, dass Mensch und Zwerg unabhängig voneinander ihm den Namen "Einsamer Berg" genannt haben. Würde man ihn fragen, bekäme man vermutlich eine ganz andere Antwort, denn viele Drosseln und sogar ein ganzer Stamm Rabenvögel, denen man sogar nachsagt, dass sie sprechen könnten lebt dort, und erfreuen sich am Mangel einer Räuber-Beute-Beziehung.
Unser Zwerg machte sich nach einem letzten Kopfschütteln auf den Weg Richtung Südwesten, denn er hatte es sich in den Kopf gesetzt das Nebelgebirge zu überqueren um in das blaue Gebirge zu wandern, um dort alte Verwandte zu besuchen. Man könnte sagen, dass dieser besondere Geselle eine Art Wanderjahre vor sich hatte.

Und diese sollten alles andere als langweilig werden, denn obwohl die Hinreise durchaus eher eintönig war, wurde bald ersichtlich, dass sich seit der Fahrt Thorins auch im sicheren Westen einiges geändert hatte und sich noch viel mehr im Wandel befand. Zwar hatte er eine solide Ausbildung im Waffenhandwerk bereits in der Heimat genossen - eine bessere, als viele andere, muss man dazu sagen, und auch auf dem Schlachtfeld erprobt - doch ergaben sich trotzdem noch viele Situationen, in denen er lernen konnte. Vor allem über sich, denn sein ehrgeiziges Ziel verlangt vieles von ihm, aber auch einiges mehr über dunklere Gefahren. Die vermutlich wichtigsten Lektionen erhielt er aber über Freundschaft und Kameraderie hier, in Eriador.

Da das alles noch passieren würde, wusste er dies zu jenem Zeitpunkt natürlich noch nicht, und so haderte er mit seinem Schicksal, denn er meinte, dass er in den heimischen Hallen viel eher gebraucht werden würde. Zwar wurde die Zahl der Orks und Bilwisse in der berühmten Schlacht der Fünf Heere - sein Herz erfüllte sich bei diesem Gedanken mit Stolz und heimtückischerweise auch mit einer Art Entschlossenheit - entscheidend verringert, doch haben Kaninchen und Orks das Eine oder Andere gemeinsam, und das Bewohnen von Höhlen ist es nicht.
Jene seltsame Entschlossenheit trieb ihn aber weiter, denn wenn er zurückkäme und die langersehnte Zustimmung des Hauptmanns der Wache verdient hätte, dann wäre es das mehr als Wert gewesen. Und vielleicht, wer weiss, würdigt ihn die Tochter des Goldschmiedes dann auch einen zweiten, und vielleicht dritten Blickes. Schliesslich wäre er dann ein gemachter Mann.
Da das Schicksal manchmal eine etwas pathetische Ader hat zischte just in diesem Augenblick der silberne Streifen eines Meteors über den morgendlichen Horizont.

Leahleila

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Fulminant geschrieben !

Das "Einbinden" des armen Kieselsteins fand ich toll !

Gruss - Leah

Adalas

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Klasse. Es wirkt etwas Pratchettesk auf mich.

Ikarus

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Zitat
Klasse. Es wirkt etwas Pratchettesk auf mich.
Es färbt einfach ab....  :pfeiff:

JoePhi

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sehr ordentlich ... aber jetzt hab ich Angst vor Falgrim!  :lol:
'Zitate in der Signatur sind wirklich albern und überflüssig.'
P. Machinery

Ikarus

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Huch, warum?
Ich hab doch über den Wervampir-Teil noch gar nichts verloren!  :scheinheilig: